Das bestehende Gebäudeensemble im oberen Mühleholz in Vaduz gehört zu den wichtigen Zeugnissen der Industriegeschichte in Liechtenstein. Nebst den eigentlichen Fabrikanlagen bilden die Arbeiterwohnhäuser, samt den Ausgleichsweihern der Wasserkraftanlagen, wichtige Baudenkmale. Die Geschichte der Arbeiterwohnhäuser im Mühleholz geht gar vor die Gründung der Spinnerei zurück. Das Mühleholz war wegen der Wasserkraft seit dem frühen Mittelalter Standort für Mühlen, Sägereien, Hammerschmieden und andere handwerkliche Betrieben. Diese wurden allesamt gegen Ende des 19. oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts umgebaut, entweder zu Arbeiterwohnhäusern oder zur Fabrikantenvilla.

Die Lage der neu erstellten Wohnüberbauung ist so eindrücklich wie aussergewöhnlich: Der mächtig ansteigende Waldrand und die markanten Dämme der beiden benachbarten Weiher schaffen ein attraktives Umfeld mit einer besonderen Atmosphäre. Die beiden Wohnbauten nutzen die Qualität des Ortes optimal aus. So werden die historischen Bauten als eine in sich ge­schlossene, weilerartige Siedlung respektiert und zwischen Alt und Neu bleibt ein grosszügiger Freiraum erhalten. Gleichzeitig wahrt die Wohnüberbauung grösstmögliche Distanz zum Baumbestand und orientiert sich vielmehr an topographischen Elementen, der Dammböschung und dem Rüfedamm.

Die Setzung der L-förmigen Anlage rahmt das bestehende Arbeiterhaus. Der zweigeschossige Wohnbau mit fünf Maisonettwohnungen gibt den Blick auf das Arbeiterhaus und den historischen Ortskern frei und erlaubt dank seiner geringen Höhe auch einen Fernblick vom Damm und den oberen Wohnungen im Arbeiterhaus. Die Wohnungen sind wie Reihenhäuser mit einem separaten Zugang durch einen privaten Vorgarten erschlossen. Gegen Osten befinden sich das Entrée und die Küche, gegen Westen mit Aussicht auf die gegenüberliegende Bergkette, das überhohe Wohnzimmer mit vorgelagerter Loggia. Über die interne Treppe gelangt man ins Obergeschoss mit drei Schlafzimmern. Jede Maisonettwohnung ist über eine Waschküche direkt mit der Einstellhalle verbunden.

Der viergeschossige abgestufte Wohnbau passt sich dem abfallenden Terrain an und ist in drei Treppenhäuser mit je sieben Geschosswohnungen gegliedert. Die insgesamt achtzehn 3½-Zimmer- und drei 4½-Zimmerwohnungen sind über das Treppenhaus direkt mit der Tiefgarage verbunden. Alle Wohnungen verfügen über eine grosszügige Wohnküche sowie über einen Wohnraum mit halb eingezogenem Balkon mit Blick nach Süden und Westen.

Im bestehenden dreigeschossigen Arbeiterhaus wurden je zwei Wohnungen zu einer Geschosswohnung zusammengelegt und mit einem Balkonturm an der Ostfassade ergänzt. Dank neuen nach historischem Vorbild rekonstruierten Doppelfenstern und einer Innenwärmedämmung werden die Altbauwohnungen den heutigen Komfortansprüchen gerecht. Heizung, Küchen und Bäder, sowie alle Oberflächen wurden komplett erneuert. Die Sanierung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege.

Die Materialisierung der Wohnüberbauung orientiert sich an der starken Präsenz der umgebenden Natur. Beide Neubauten sind mit einer Fassade aus verschieden grossen, druckimprägnierten Holzlatten verkleidet. Wie wenn das Sonnenlicht durch die Bäume eines Waldes dringt, entsteht je nach Tageslicht auf der Fassade ein bewegtes Spiel von Licht und Schatten. Der massive Gebäudesockel aus Sichtbeton enthält die Kellerräume und die Einstellhalle. In der Wohnung wird diese taktile Materialität durch rote Klinkerplatten in Eingangsbereich und Küche sowie durch einen geölten Eichenparkett in den Wohnräumen und den Zimmern weitergeführt. Wände und Decken sind zurückhaltend weiss verputzt, die Bäder mit hochformatigen graublauen Fliesen verkleidet.

Zwischen den Gebäuden liegt eine Gartenanlage mit geschwungenen Zugangswegen, verschiedenen Baumgruppen und Blumenwiesen. Am Fusse der Dammböschung befinden sich ein Gemüsegarten sowie ein kleiner Kinderspielplatz mit Sitzgelegenheiten. Die Strassenecke an der Verzweigung Mühleweg / im Mühleholz wird mit einer Baumgruppe und einem Brunnen zu einem dörflichen Platz aufgewertet.